Ein Waller Wolkenbruch und lautes Donnergrollen gaben den Auftakt zu diesem Vorlesemittag. Vielleicht weil die Lieblingsgeschichte von Eisdielenpatron David de Luca in der Lagunenstadt Venedig spielte? Und diesen Titel trug: "Venezia da salvare ovvero Diventare persci è facile", auf Deutsch: "Venedig retten oder Fisch werden ist nicht schwer". Statt sich im Sonnenschein draußen zwischen Logbuchladen und Eisdiele zu versammeln, rückten die Zuhörer drinnnen rund ums Sofa gemütlich zusammen - und lauschten der fantastischen Fabel: Venedig droht zu versinken. Ein Familienvater befiehlt seiner gesamten Sippe, sich auf der Stelle in Fische zu verwandeln, "um der ökologischen Katastrophe zu trotzen". Doch das ist leichter gesagt als getan, wenn der Kleinste Kutteln lieber mag als Fische, die pubertierende Nichte sich nicht entscheiden kann, welche Schuppenfarbe sie annehmen möchte - und Schwimmen im Canale Grande verboten ist. Im munteren italienisch-deutschen PingPong zwischen David de Luca und Schauspielerin Kathrin Steinweg nahm die Geschichte Fahrt auf - und brachte Große wie Kleine zum Kichern. Autor Gianni Rodari muss auf dieses Bremer Vorleseereignis vom nach ihm benannten Asteroid glücklich hinabgeschaut haben. Ist doch überliefert, dass es sein "erstrebenswertestes Ziel" gewesen sei, Kinder zum Lächeln zu bringen. ein wenig zum Nachdenken natürlich auch.
Bitte noch eine Geschichte! Da es in der altersübergreifenden Vorlesegemeinschaft so gemütlich war - und keiner raus in den Regen wollte - wurde aus der vielsprachigen Bücherkiste des Projektes ein weiteres Buch hervorgezaubert: "Das kleine Ich bin Ich". Jetzt war es am Publikum, das Vorlesen selbst zu übernehmen. Die türkische Ärztin Simge Alacamli, seit einem Jahr im Delmenhorster Stadtkrankenhaus tätig und in der Bremer Neustadt beheimatet, war mutig genug, auf dem roten Sofa Platz zu nehmen. Sie las die Geschichte über das außergewöhnlich bunte Wesen in ihrer Muttersprache vor, Katrin Steinweg den deutschen Part. Zum Lohn gab's für Simge ein schwärmerisches Kompliment von einer älteren Zuhörerin: "Fremden Sprachen wie Musik zu lauschen, auch - oder gerade weil - man sie nicht versteht, ist wirklich ein Genuss." Apropos Genuss: Dass "Logbuchladen" und "Eiscafé Dolomiti de Luca" in Walle nicht nur nebeneinander Waren verkaufen, sondern einander innig zugetan sind, war deutlich zwischen den Buchregalen zu lesen: "There's always room for icecream" stand da in großen zuckersüßen rosa Buchstaben geschrieben.